#diepodcastin über Stolz: Isabel Rohner & Regula Stämpfli im feministischen Wochenrückblick über Kategorien, digitale Reproduktion, Abwertung von Frauen, Importance of having a community, Mutter-Töchter im deutschen Fernsehen, DER SPIEGEL UNTERIRDISCH, Isidora Duncan, Vorbilder & die Körperlichkeit von Stolz

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Das verkürzte Zitat durch Fehlschnitt am Anfang: ” Eine Frau, die Ziele hat, wird Emanze genannt, während ein Mann, der Ziele hat, den Erwartungen entspricht.” Ton Morrisson, Literaturnobelpreisträgerin. Vorgelesen von Isabel Rohner, die übrigens auch ein geniales Zitate-Buch herausgegeben hat.

#diepodcastin über Stolz: Isabel Rohner & Regula Stämpfli im feministischen Wochenrückblick über Kategorien, digitale Reproduktion, Abwertung von Frauen, Importance of having a community, Mutter-Töchter im deutschen Fernsehen, DER SPIEGEL UNTERIRDISCH, Isidora Duncan, Vorbilder & die Körperlichkeit von Stolz.

laStaempfli bringt ein Frauen zu Frauenthema: Franziska Schutzbach redet in einem BLICK-Interview darüber, wie Frauen besonders hart über andere Frauen urteilen und eine Grundsympathie für Männer hegen würden. Die Rohnerin findet ja, laStaempfli nein und führt polit-philosophische Gründe des radikal sozialen Wesens Mensch an. Da Frauen massiv abgewertet werden und zwar auch durch Franziska Schutzbach, indem sie hier die Fragen nicht relativiert, auf keinen Kontext verweist, gibt es keinen aufwertenden Blick auf Frauen in der patriarchalen Gesellschaft. Ausser von Feministinnen, die sich um SICHTBARKEIT bemühen & nicht um Kategorien wie Ideologien. Dazu passt, dass im Zuge der LGBTQ* vor allem FRAUEN im Fokus der Kritik stehen. Wir unterschätzen wie hässig der Ton gegen Frauen grundsätzlich geworden ist – dazu auch der Umgang mit der Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock.

DER SPIEGEL bekommt von der Rohnerin die Goldene Schrumpelgurke dieser Woche verliehen: “Papa kann das schon – Was moderne Väter alles hinkriegen, wenn Mütter sie lassen” titelt er. Ja, ja, wir haben verstanden: Die Mütter sind selber schuld, wenn es mit der Vereinbarung nicht klappt. Nicht existent sind all die zahlreichen Studien der letzten Wochen und Monate, die in den Blick gerückt haben, dass insbesondere Mütter die Leidtragenden der Corona-Krise waren und sind. Was braucht es auch Wissenschaft und Studien, wenn man einfach den selben Müll wie seit eh und je reproduzieren kann?!?! Oder wie es die kluge Barbara Vorsamer von der SZ auf Twitter schrieb: “Für jedes andere Thema gibt es Fachredakteur*innen, die sich jahrelang damit beschäftigen. Bei den Themen Familie und Gleichberechtigung darf aber jede*r, egal, was er/sie von den Debatten mitgekriegt hat oder auch nicht.”

Auch das ZDF war diese Woche für die Rohnerin kein Anlass der Freude: In der neuesten Eigenproduktion “Mich hat keiner gefragt” besetzt das ZDF doch tatsächlich die tolle Schauspielerin Meike Droste (Jahrgang 1980, also 41 Jahre alt) in der Rolle der Mutter einer erwachsenen Tochter, gespielt von Vita Tepel (Jg. 1995, also 26 Jahre alt). Die Rohnerin fragt zurecht, ob es beim ZDF auch denkbar wäre, Florian Silbereisen (Jg. 1981) als Vater eines erwachsenen Sohnes zu besetzen. Die Antwort lautet: nein. laStaempfli verweist gleichzeitig auf die hochproblematischen Publikationen von Müttern und Töchtern, die von bösen Töchtern geschrieben sind. Rohnerin und laStaempfli würden sofort Romane auf ihre wunderbaren Mütter schreiben – aber wohl keinen Verlag finden.
#diepodcastin macht aufmerksam auf die großartige Social-Media-Aktion der wichtigen Historikerinnen-Accounts @frauenvondamals, @frauabgeordnete und  @Herstory_pod, die über den Hashtag #FrauenimWiderstand zahlreiche Frauen sichtbar machen, die gegen die Nationalsozialisten gekämpft haben. Die Historikerin Bianca Walther hat dabei letzte Woche einen weiteren Skandal der Unsichtbarmachung durch Algorithmen aufgedeckt: Googelte frau/man nach der Widerstandskämpferin Elisabeth von Thadden (1890-1944), die von den Nazis umgebracht worden ist, erhielt man/frau als Funktionsbezeichnung “Verurteilter Verbrecher” (sic!!!). Nicht nur, dass Google die Verdienste von Elisabeth von Thadden verneint – Google übernimmt auch noch die Logik der Nazis und bezeichnet sie als “Verbrecher” (sic!). Es ist Bianca Walther zu verdanken, dass dies inzwischen von Google geändert worden ist.
laStämpfli und Rohnerin sprechen über STOLZ. laStaempfli hat drei Kategorien: a) Stolz als körperliche Erwachsenheit und Freude über Da-Sein, b) Hybris als Verbrechen, c) hochnäsig durch Herrschaft. #diepodcastin kommt nur dazu über a) zu reden: STOLZ als erfolgsicher, freudig, körperlich, eigen, selbstbewusst, stark.

laStaempfli: Stolz ist ein tolles, freiheitliches Konzept des Individuums: Es geht darum, sich seiner Fähgigkeiten und Leistungen bewusst zu sein und erfreut darüber und dankbar zu sein und ein gutes Selbstgefühl zu haben. Die Rohnerin: Stolz sind alle Menschen von Kindsbeinen an. Mädchen und Frauen wird aber dieser Stolz gerne abgesprochen. #diepodcastin erkennt: Frauen gelten, wenn sie sich über ihre Fähigkeiten freuen, als hochnäsig, spröde, unnahbar, überheblich, frech, ungehorsam. Stolz können sich nur die Herrschenden leisten.

Bestes Beispiel einer stolzen Frau war nach laStaempfli, die geniale und Erfinderin der Moderne, Isidora Duncen. 1877 geboren, und markiert sie den Beginn der Emanzipation und der Tanzmoderne. Am 14. Februar 1902 tanzte Isidora Duncan in der neu errichteten weissen Sezession und begeisterte Avantgarde und Altmenschen gleichermassen: Eine Frau, auf die alle Frauen mit Freude zurückblicken können, sollen und sie kennen.

Doch Frauen wird der Stolz auch von Frauen verweigert: Frauen geben Frauen keine Namen, kollektivieren ihre Errungenschaften. Frauen rühmen zu wenig Frauen, zitiren einander viel zu wenig und vergessen vor lauter Kollektiv, die Frauen nicht als Individuum hervorzuheben.

Einig sind sich Isabel Rohner und Regula Stämpfli in einem: Stolz setzt ein Gefühl für den eigenen Körper, für da eigene Selbst voraus. Und: Stolz und Selbstbewusstsein bei Frauen löst immer noch (2021!!!!) Irritationen aus. Wie sonst ist zu erklären, dass auch noch heute im Duden als Beispiel für stolz in der Bedeutung “in seinem Selbstbeweusstsein überheblich” die “stolze Frau” genannt wird.
Die Podcastin hält es da mit Hedwig Dohm: “Mehr Stolz, ihr Frauen! Der Stolze mag missfallen, aber man verachtet ihn nicht. Nur auf den Nacken, der sich beugt, tritt der Fuß des vermeintlichen Herrn.” (Aus: “Die Antifeministen”, 1903).