Die Rohnerin | |||
laStaempfli |
laStaempfli bringt Sofi Oksanen, Hundepark. Roman. Kiepenheuer & Witsch. Sofi Oksanen gehört zu den herausragendsten Figuren zeitgenössischer Literatur, ihre Romane verschlinge ich regelmässig. Ich habe sie an der Buchmesse 2012 mal getroffen: Sie ist gross, schön, umwerfend elegant, selbstsicher und schüchtern zugleich, eine wirkliche Mischung zum Verlieben. Ihr Debütroman aus dem Jahr 2003 Stalins Kühe erzählt vom Estland: ein Land unter der Sowjetdiktatur, das mit der Finnlandisierung den Rassismus brachte, der alle Estinnen als Prostituierte verunglimpfte. 2005 schreibt Sofi Oksanen gewaltig über die Gewalt an Frauen und auch über die Gewalt in Frauenbeziehungen. International wurde sie mit Fegefeuer, einem Theaterstück und späteren Roman bekannt, vor allem in Deutschland. Sie zeigt, wie die Kategorisierung der Menschen die Menschen kaputt macht: Alt gegen Jung, Estin gegen Russin, Alteingesessen gegen Migration, Mann gegen Frau. Oksanen wurde von ihrem Verlag rausgeschmissen als sie es wagte, über das Marketing von ihr als Frau zu beklagen -der Verlag wird dies ewig bereuen. Ich liebe den Roman: Die Sache mit Norma, umwerfend. Ein aktuelles Sachbuch dazu von der Initiative, in welcher laStaempfli Mitglied ist: Verlag & HG: “Stoppt Leihmutterschaft.” “Die neuen Gebärmaschinen. Was die globale Leihmutterschaft mit Frauen und Kindern macht. Ist auf Amazon erhältlich und muss unbedingt gekauft werden; es ist ein internationaler Überblick mit hervorragenden Essays, übersetzt vom fabelhaften Erwin Landrichter.
laStaempfli bringt Anne Rabe „Die Möglichkeit von Glück“ Klett-Cottta. Anne Rabe studierte bis 2010 an der UdK, der Universität der Künste Berlin, „Szenisches Schreiben“, kriegte enorm jung „mit dem Mann, den ich liebe“ zwei Kinder und das ist soo umwerfend wichtig: Denn die meisten Frauen, die ich kenne, reden nie von den Kindern. Sie schreibt Songs für „Lauter schöne Frauen.“ Wer Deutschland poetisch und in kritischer demokratischer Rückschau und Vorausschau erleben will, muss diesen Roman lesen. Es ist DAS BUCH DER STUNDE, WEIL ES SOVIEL ERKLÄRT. DEN AUTORITARISMUS DER DEUTSCHEN, DIE GEWALT GEGEN KINDER – die laStaempfli bis heute auffällt und die sie immer fragen lässt: Lieben die Deutschen eigentlich ihre Kinder? Ein Buch, das erschütternd poetisch, historisch, politisch vermittelt, welche Linien der Gewalt sich durch deutsche Biografien ziehen. Es ist wirklich das beste Buch des Jahres 2023.
laStaempfli bringt “Hässlichkeit” von Moshtari Hilal, Hanser Verlag: Es geht um eine Reise in die Tiefen der Menschlichkeit. Das Buch „Die Hässlichkeit“ von Moshtari Hilal ist umwerfend. Die Autorin ist ein Multitalent: Künstlerin, Schriftstellerin mit afghanischem Hintergrund, wohnt in Hamburg und in Berlin. Sie ist Co-Founder der „Afghan Visual Arts and History”, leitet ein Forschungsprojekt zu „Conflict with Care“. 2022 veröffentlichte sie einen Gesprächsband über globales Leben, zusammen mit der politischen Geografin Sinthurjan Varatharjah. Beide haben dafür den Preis der Lessing Akademie in Wolfenbüttel gekriegt. Hilal ist eine dieser umwerfend begabten jungen Frauen, die von den Medien gesehen und gefördert werden – mal abwarten, was mit ihr passiert ist, wenn sie mal 45 Jahre alt ist. Hilal schreibt über die Geschichte der plastischen Chirurgie, dass bspw. Nasen-OPs sich nicht um die Nase drehen, die korrigiert werden muss, sondern es darum geht, die Existenz der Person, die diese Nase trägt, abzulehnen. Erst kürzlich meinte Laura Berman, die jüdisch-amerikanische Intendantin des Theaters Hannover zur „Die Zeit“ lachend: „Wo ich aufgewachsen bin, haben einige Väter ihren Töchtern zum 16. Geburtstag eine Nasen-OP geschenkt, damit sie ihre ‚jüdischen Nasen‘ loswerden.“ Well – here we are, mitten in Hilals Buch und ihrer poetisch-wütenden Abrechnung mit westlichen Schönheitsidealen.
Das Bild dieser Bücher-Folge von #diepodcastin wurde aufgenommen von Joachim Lapp in Sevilla – Herzlichen Dank dafür! Bearbeitet von laStaempfli 2023.