#diepodcastin über Krieg: Isabel Rohner & Regula Stämpfli über den Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine mit dialogischen und technischen Erschütterungen der Rohnerin & der Stämpfli. Weiter Leihmutterschaft in der Ukraine, Ausbeutung in der immer noch legalen Prostitution des Bordells Europa, strategische Synthese von Geschlecht.

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#diepodcastin über den Krieg: Isabel Rohner & Regula Stämpfli über den Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine mit dialogischen und technischen Erschütterungen der Rohnerin & der Stämpfli. Weiter Leihmutterschaft in der Ukraine, Ausbeutung in der immer noch legalen Prostitution des Bordells Europa, strategische Synthese von Geschlecht.
Die Rohnerin beginnt mit dem Auszug aus einem Gedicht von Hedwig Dohm (1831-1919), das diese mitten im Ersten Weltkrieg veröffentlicht hat (in Gänze nachzulesen u.a. in Rohners Dohm-Biografie “Spuren ins Jetzt”). Isabel Rohner reflektiert die Verletzlichkeit von Menschen und erinnert daran.
 
laStaempfli zitiert in der Mitte der Sendung Hannah Arendt: “Sprechend und handelnd schalten wir uns in die Welt der Menschen ein, die existierte, bevor wir in sie geboren wurden. Diese Einschaltung ist wie eine zweite Geburt, in der wir die nackte Tatsache des Geborenseins bestätigen, gleichsam die Verantwortung dafür auf uns nehmen. Für Regula Stämpfli ergibt sich hier die militärische Strategie und die Sicherheitskonzeptionen für die westlichen Demokratien.
Regula Stämpfli beginnt heftig mit Militärstrategie, mit Überlegungen der eigenen Haltung, die sich angesichts des Widerstandes der Ukrainerinnen und Ukrainer verändert hat: Die Militärhistorikerin, die laStaempfli neben der Politphilosophin auch ist, spricht sich für die Verteidigung der westlichen Demokratien aus. Damit auch Feministinnen dies besser verstehen, macht sie mit Putin, denn der Russlandkrieg nennt laStaempfli konsequenterweise Putinkrieg, also laStaempfli vergleicht Putin mit einem Stalker, der, wenn er nicht gestoppt wird, die Exfreundin mit hundertprozentiger Sicherheit ermorden wird. Femizide werden nicht durch Friedensaufrufe an Männer gestoppt, sondern durch die Polizei und durch die Ermächtigung von Frauen, durch Demokratie, Chancengleichheit, Sichtbarkeit und Durchbrechen der patriarchalen Frauenmord-Motive. Genau dies gilt auch auf internationaler Ebene. “Dieser Krieg findet statt, weil in den letzten Jahrzehnten Milliardengeschäfte mit globalen Stalkern gemacht wurden und gemacht werden.”
Uneinig sind sich die Rohnerin und laStaempfli in der Reaktion, auch der militärischen und wirtschaftlichen Reaktion: laStaempfli plädiert für konsequenten humanitären Korridor mit westlichen Schutzflugzeugen, um die NoFlyZone zu ermöglichen, die Rohnerin warnt vor dem Nuklearkrieg, von dem laStaempfli meint, der werde vor allem als Putinpropaganda an die Wand gemalt. “Mourir pour Kiew”-Analogie. Die Diskussion ist spannend, laStaempfli dominiert etwas stark, weil sie so engagiert ist und entschuldigt sich im Nachhinein bei Isabel Rohner und den Hörerinnen dazu. 
Wie sieht der Ukrainekrieg in Deutschland aus? 
Als Wahlberlinerin ist es Isabel Rohner wichtig, auch über die ganz konkrete Situation der Frauen und ihrer Kinder zu sprechen, die gerade in Deutschland angekommen. Allein in Berlin sind das jeden Tag 10.000. Sie mussten von einem Tag auf den anderen ihre Leben, ihre Jobs, ihre Selbstständigkeit aufgeben und finden sich plötzlich in Abhängigkeit wieder. Wer Geld aus der Ukraine mitgebracht hat, stellt fest, dass die Wechselstuben die ukrainische Währung Hrywnja nicht akzeptieren. Viele Kreditkarten funktionieren nicht. Plötzlich ohne Geld da zu stehen, macht diese Frauen und ihre Kinder noch verletzlicher. Die Rohnerin lobt die große Hilfsbereitschaft von so vielen Menschen, Ehrenamtlichen, die sich gerade darum kümmern, dass die Geflohenen etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf haben. Aber es ist leider auch die Zeit der Menschenhändler, die versuchen, die Frauen gezielt in ihre Fänge zu bekommen, z.T. mit perfiden Methoden. Hier werden Frauen erneut Opfer der Prostitutionspolitik in Deutschland, das nicht umsonst das “Bordell Europas” genannt wird, denn in Deutschland ist Prostitution offiziell legal – was allerdings nicht heißt, dass die Frauen sich auch freiwillig prostituieren. Im Gegenteil: Sie tun es aus purer Not, aus Gewaltandrohung, aus Verzweiflung. Hier ist die Politik gefragt, sofort umzusteuern! Die Rohnerin dankt explizit Terre des Femmes Deutschland, die unermüdlich auf diese Missstände hinweisen.
Auch über das Geschäft mit sogenannten ukrainischen “Leihmüttern” (was für ein Euphemismus! Die Podcastin spricht daher von “Fortpflanzungssklavinnen” und “Menschenfleischhandel”) sprechen Regula Stämpfli und Isabel Rohner. Sie sind entsetzt über die vielen frauenverachtenden und völlig unkritischen Berichte in Deutschland, das Frauen entmenschlicht und sie auf den Status trächtiger Kühe reduziert. 
laStaempfli fügt ganz unten den Originalartikel aus der Süddeutschen zum Thema an: Die frauenverachtende Diktion ist mittlerweile Usus, wenn es um Menschenfleischverkauf von weiblichen Menschen geht. Es ist unerträglich.
Diese Folge zeigt: Krieg zerstört alles, manchmal auch die Gesprächkultur. Dazu kamen technische Verzögerungen, #diepodcastin entschuldigt sich dafür, weiss aber, dass die Folge wichtig ist für uns alle.  
Zur Bildauswahl: Die Sonnenblume ist das Symbol für die Ukraine: Der Blumenstraus als Symbol für die Demokratien.
Links:
– Interview vom SWR mit Inge Bell von Terre des Femmes über die Gefahr der Geflohenen, in die Fängen von Menschenhändlern zu geraten: https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/inge-bell-von-terre-des-femmes-ueber-die-gefahr-fuer-frauen-auf-der-flucht-aus-der-ukraine-100.html
– Text von Hedwig Richter: https://www.zeit.de/kultur/2022-02/krieg-europa-ukraine-russland-demokratie
– Das abscheuliche Interview von RND mit einer Agenturchefin für sogenannte “Leihmütter” bzw. Fortpflanzungssklavinnen: https://www.rnd.de/panorama/leihmutterschaft-boomt-in-der-ukraine-was-passiert-im-krieg-mit-den-frauen-und-babys-UNZSFICLM5GBHIOL26O6IEM5XU.html Unten der Originalartikel in der SZ. 

-strategische Synthese von Regula Stämpfli anhand historischer Beispiele: Männer werden im Krieg ermordet und morden: Frauen werden im Krieg gedemütigt, enteignet, vergewaltigt und bei siegreichem Gegner bis an ihr Lebensende unterworfen. Afghanistan nicht vergessen: Sanktionen gegen die Taliban unbedingt, denn hier werden Frauen und Mädchen tagtäglich dem islamistischen Krieg gegen alles Weibliche unterworfen. Dazu auch zum nachhören #diepodcastin zu den taliban.

 HIER DAS VÖLLIG FRAUENFEINDLICHSTE, DA VÖLLIG UNKRITISCHSTE INTERVIEW DER SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG VOM 7. MÄRZ 2022

sueddeutsche.de

– 07. März 2022 11:41

Leihmütter in der Ukraine

“Sie brechen am Telefon zusammen”

Die Ukraine hat sich zu einem Zentrum für Leihmutterschaft entwickelt. Jetzt ist Krieg. Was passiert mit den schwangeren Frauen – und den neugeborenen Kindern? Ein Gespräch.

Interview von Vera Schroeder

Die Ukraine ist eines der wenigen Länder der Welt, in dem Leihmutterschaft nicht nur erlaubt ist, auch die Feststellung der rechtlichen Elternschaft der Wunscheltern ist unkompliziert – soweit sie heterosexuell und verheiratet sind. Deshalb hat sich das Land in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Zentrum für Leihmutterschaft entwickelt. Jetzt ist Krieg. Ein Telefongespräch mit Susan Kersch-Kibler, Gründerin der Agentur “Delivering Dreams”, die 25 Jahre in Kiew gelebt hat und nun von New Jersey aus ukrainische Tragemütter an meist kanadische oder US-amerikanische Paare mit Kinderwunsch vermittelt.

SZ: Frau Kersch-Kibler, wie viele Leihmütter betreuen Sie mit Ihrer Agentur derzeit in der Ukraine?

Susan Kersch-Kibler: Wir arbeiten mit 28 Leihmüttern zusammen, von denen derzeit 15 schwanger sind. Dazu kommen zwölf ukrainische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen meiner Agentur, mit denen ich täglich in Kontakt stehe.

Wie geht es allen diesen Menschen und wo halten sie sich auf?

Zehn meiner Mitarbeiterinnen und 14 schwangere Frauen sind, manche mit ihren Familien, in Apartments in der westukrainischen Stadt Lwiw, wohin wir sie schon Mitte Februar zum Großteil aus Kiew gebracht haben. Wir arbeiten schon lange auch mit einer Klinik in Lwiw zusammen, sodass die Frauen dort für den Moment medizinisch gut versorgt sind. Wir sind gesegnet, dass wir das so früh gemacht haben, auch wenn viele der Leihmütter das erst mal übertrieben fanden, genauso wie die Satellitentelefone, mit denen wir sie ausgestattet haben. Jetzt wäre es nicht mehr möglich, in Lwiw Wohnungen zu finden. Die ganze Stadt ist voller Menschen auf der Flucht.

Und wo sind die anderen aus Ihrem Team?

Zwei aus dem Mitarbeiterteam sind in Kiew geblieben, sie möchten ihre Stadt und ihr Zuhause beschützen. Verrückterweise arbeiten sie sogar noch. Ich telefoniere mit ihnen und dann gehen die Sirenen an und sie rufen mich später zurück. Eine Leihmutter ist aufgrund einer Risikoschwangerschaft nicht transportfähig und möchte auch nicht umziehen. Auch um die Leihmütter, die gerade nicht schwanger sind, versuche ich mich zu kümmern, aber es ist nicht leicht.

Hatten Sie Kunden im Land, also Wunscheltern, die zum Beispiel bei der Geburt des Kindes dabei sein wollten, als der Krieg begann?

Nein, ein Paar war bis ganz kurz vorher da. Sehr kompliziert ist es für die Wunscheltern der Kinder, die nun bald in Lwiw geboren werden. Es ist derzeit einigermaßen einfach, in die Ukraine hineinzukommen, aber sehr viel schwieriger, wieder herauszukommen. Wir wissen noch nicht, wie es gehen soll.

Ihre Kunden haben keine Angst, in ein Land im Krieg zu reisen?

Manche sind extrem verängstigt. Aber grundsätzlich sind unsere Kunden meist Menschen, die jahrelang sehr viel durchgemacht haben, Fehlgeburten, künstliche Befruchtungen, Trauer. Die wollen diese Kinder mehr als alles andere in der Welt. Manche von ihnen würden sterben, um sicherzugehen, dass diese Kinder sicher sind.

Warum bringen Sie Ihre Leihmütter und das Team nicht über die Grenze, also nicht nur in eine andere Stadt, sondern in ein anderes Land?

Wir würden das wahnsinnig gern tun. Aber die Frauen möchten nicht. Keine unserer Leihmütter möchte die Ukraine verlassen. Sie fühlen sich sicher in Lwiw. Ihre Männer dürfen nicht aus dem Land. Sie wollen ihre Familien nicht verlassen. Manche sagen, dass sie es sich überlegen, wenn die Gefahr weiter nach Westen zieht. Aber natürlich wissen wir nicht, was passieren wird. Je weiter die Schwangerschaften fortgeschritten sind, umso schwieriger wird es außerdem. Die Straßen sind nicht sicher. Dazu kommt die Kälte. Die langen Schlangen bei der Ausreise. Der Stress. Es ist extrem hart für alle.

Machen Ihre Kunden Druck, dass die Tragemütter ins Ausland gebracht werden sollen?

Die Situation ist kompliziert. In allen Ländern, die an die Ukraine angrenzen, ist Leihmutterschaft verboten. Das heißt, in den Geburtspapieren würden nicht die Wunscheltern als Eltern stehen, sondern die Leihmutter und im Zweifel ihr Mann. Allein in Tschechien wäre immerhin der Wunschvater der Vater. Aber Tschechien grenzt auch nicht direkt an die Ukraine. Wir lieben unsere Kunden. Aber im Moment muss ich sie vor allem bitten, Geduld und Verständnis zu haben. Unsere Leihmütter sind echte Menschen. Menschen im Krieg. Wir müssen an alle denken.

Wie geht es den Leihmüttern psychisch?

Ein wichtiger Faktor bei der Auswahl unserer Leihmütter ist Resilienz. Aber diese Situation überfordert alle. Sie haben Angst. Um ihre Familien, ihr Zuhause, ihr Land. Sie brechen am Telefon zusammen. Ihre Familien sind übers ganze Land verstreut, aber man kann sich schlecht bewegen. Ein enger Freund einer Mitarbeiterin wurde gestern im Osten erschossen. Es ist grausam. Ich habe auch Angst. Die Ukraine ist ein Teil von mir.

Ihr Sohn ist in der Ukraine geboren, Sie haben 25 Jahre dort gelebt und immer noch ein Haus nahe Kiew. Wann waren Sie zuletzt da?

Im September. Und mein nächstes Flugticket ist für den 2. April gebucht.

Wie geht es Ihnen persönlich?

Wenn ich anfange, darüber nachzudenken, werde ich tagelang nutzlos heulen. Ich kann es nicht schultern. Also arbeite ich weiter. Ich konzentriere mich auf die Menschen, die was brauchen von mir, mein Team in der Ukraine, die Leihmütter und meine Kunden und ihr biologisches Material, das ja zum Teil auch in der Ukraine lagert. Außerdem versuche ich jenseits meiner eigenen Agentur, der Leihmütter-Community zu helfen und sie mit Wunscheltern auf der ganzen Welt zusammenzubringen, falls der Kontakt zu den ursprünglichen Wunscheltern nun wegen des Krieges abgebrochen ist. Manche Agenturen haben die Frauen einfach im Stich gelassen. Andere Agenturen in der Ukraine gehören direkt den Kliniken. Die können nicht so spontan den Ort wechseln, wie wir das konnten. Es herrscht Chaos. Es gibt viele Leihmütter an Orten, die nicht sicher sind. Wir versuchen zu helfen, aber es ist sehr schwer. Es ist eine Tragödie, die Situation.

SZ